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Dein Weg zu einer nachhaltigeren Ernährung - Interview mit Niv Nowbakht

 

niv-now-3-600x600Nachhaltigkeit ist ein zentrales Thema unserer heutigen Gesellschaft. Sich damit zu auseinanderzusetzten und sein Verhalten umzustellen, kann jedoch bei einem so großen Thema am Anfang schnell überfordernd wirken. Im Interview mit Niv Nowbakht spricht der 21Done Gründer Thomas Suwelack über allgemeine Nachhaltigkeit sowie nachhaltige Lebensmittel und Ernährung. Niv gibt dabei Tipps, wie wir alle nach und nach kleine Veränderungen in unserem Alltag integrieren können, um uns nachhaltiger zu verhalten.

Thomas: Hallo Niv, wir wollen heute über das Thema Nachhaltigkeit sprechen, konkreter gesagt über das Thema nachhaltige Lebensmittel. Lass uns aber kurz in das Thema allgemeine Nachhaltigkeit reinspringen. Mich würde kurz interessieren: wie kamst Du dazu, Dich neben dem Thema berufliche Entwicklung und Zufriedenheit auch um das Thema Nachhaltigkeit professionell zu kümmern?

Niv: Als selbstständiger Coach habe ich damals im Impact Hub in Berlin gearbeitet, im Coworking Space für soziale Entrepreneure für verschiedene soziale Projekte - sehr zu empfehlen. Dadurch kam ich in Kontakt mit klein & kick, ein europäischer Klimaschutzverband. Die haben immer eine Innovationsjourney gemacht – eine Art Summer School für Student:innen. Auf dieser Journey haben wir sehr viel darüber gelernt, wie schlecht es schon um die Erde bestellt ist und wie krass die Erderwärmung ist. Das ist jetzt etwa sechs Jahre her, als ich dort die Daten gesehen habe, die wir heute schon ein bisschen mehr Kopf haben. Der APCC-Report war ja jetzt gerade in den Nachrichten. Den gibt es ja schon länger und ich erinnere mich noch gut daran, dass der Professor sagte: „Wir haben die Daten schon 20 bis 30 Jahre“. Als ich dann auf dieser Journey diesen Vortrag gehört habe, sind wir da alle mit hängenden Gesichtern raus gegangen. Wir wussten nicht, dass es um die Erde so schlecht aussieht. Da war für mich klar, dass ich da auch meinen Beitrag zu leisten will und dass ich eine Verantwortung trage. Daraufhin habe ich gesagt, dass ich mich mit dem Thema in Zukunft mehr beschäftige.

Thomas: Nachhaltigkeit ist ein breiteres Feld. Das reicht vom Umstieg auf ein E-Auto, über fair gehandelte Kleidung, bis hin zu kalt duschen. In einem anderen Video bei 21Done ordnest Du diese Themen etwas ein. Du sprichst von vier Ebenen. Kannst Du das noch einmal kurz erläutern, damit wir erstmal einen Überblick über das Thema Nachhaltigkeit haben?

Niv: Es ist ein großes Thema. Der Dialog um das Klima schaut auf die verschiedenen Bereiche des Lebens. Diese sind: Nachhaltige Ernährung, Mobilität, Energie – also die Umstellung auf Solar- und Windkraft und das Bauwesen – also wie baue ich das Leben aus. Das beginnt zum Beispiel bei dem Häuserbau – baue ich aus Holz oder Beton? So schauen wir auf diese vier ebenen als Weg, um die Komplexität der Nachhaltigkeit etwas herauszunehmen. So kann man genau definieren, in welchen Bereich man gerade schauen will und was man dort konkret tun kann.

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Thomas: Dann lass uns doch jetzt in den Bereich der nachhaltigen Lebensmittel einsteigen. Was beschäftigt Dich hier und was liegt Dir besonders am Herzen?

Niv: Der Lebensmittelkonsum macht einen großen Teil des CO2-Ausstoßes aus. So wird 15% des CO2-Ausstoßes alleine durch Lebensmittel verursacht. Insofern hat dieser Bereich, wenn man ihn systemisch betrachtet, ein großer Hebel, sobald wir dort etwas verändern. Wir essen und trinken jeden Tag - dann hat es eine große Auswirkung. Zum Beispiel ist es das Schlimmste, wenn man Fiji-Wasser trinkt. Das wird in Plastikflaschen von den Fiji-Inseln nach Deutschland importiert. Das, obwohl wir in Deutschland sehr gut kontrolliertes Leitungswasser haben. Man kann das Leitungswasser zusätzlich noch mit Hilfe eines Wasserfilters oder eines Soda Streams aufwerten. So spart man Plastik und den Energieverbrauch durch den Transport. Das nur als Beispiel. Ich glaube der Bereich der nachhaltigen Ernährung ist einer, in dem jeder etwas machen kann. Und es ist ganz wichtig, dass wir uns in diesem Bereich alle verändern, denn sonst bekommen wir wirklich Probleme.

Thomas: Jetzt würde mich auch interessieren: wie ist es bei Dir privat? Hast Du eine beste Umgangsweise gefunden, Dich nachhaltig zu ernähren?

Niv: Ich finde, es geht gar nicht darum, es am besten zu machen, sondern es geht darum, dass es für einen persönlich gut passt. Da gibt es immer wieder Dinge, die funktionieren besser oder schlechter. Für mich ist es so, und das würde ich auch anderen als Tipp geben, ich schaue darauf, dass ich mich möglichst vegan ernähre. Immer wenn es vegane Alternativen gibt, dann versuche ich, die zu nehmen. Ich schaue, dass ich mich möglichst saisonal ernähre. Und ich schaue, dass ich möglichst wenig Müll verursache. Da kann man Unverpacktläden besuchen oder direkt bei dem Bauernhof einkaufen. Das Wichtigste ist aber, dass ich mit Zuversicht auf die Dinge schaue, nicht schwarzweiß male, sondern immer überlege: „Okay, was kann ich jetzt tun“. Dazu rede ich mit vielen Menschen darüber und verbreite solche Themen auch auf Social Media. Gerade auf Instagram gibt es sehr viele gute und inspirierende Kanäle, wo man gute Inhalte wie vegane Rezepte oder Zero-Waste Tipps findet. Das sind immer Punkte, an denen ich schaue, was gerade funktioniert, was mich inspiriert und wie ich das auch teilen kann.

Thomas: Jetzt ist der Trend von Nachhaltigkeit auch bei Unternehmen angekommen. Warum? Die kümmern sich ja um die aktuellen Konsumentenbedürfnisse. Insofern macht es Sinn, dass Unternehmen gucken, was die aktuellen Trends sind. So gibt es jetzt Unternehmen wie ToGoodToGo; die wollen verhindern, dass Essen weggeschmissen wird. Fallen Dir noch weitere Beispiele wie ToGoodToGo ein?

Niv: Ja, aber zunächst muss man sagen, dass ToGoodToGo eine super Idee ist. Denn Food Waste der entsteht, noch bevor er zu uns in die Küche kommt, ist ein großes Problem. In unserer Luxusgesellschaft haben wir uns gar nicht darum gekümmert, wie viel Essen jeden Tag weggeschmissen wird. Ich glaube, in Frankreich hat man es sogar gesetzlich geregelt, dass die Lebensmittel wiederverwendet werden. Welche Lösung es auch immer ist, bei ToGoodToGo ist es nun ein Startup, das dieses Problem adressiert. Wir brauchen mehr davon! Um es aber praktisch zu halten, sollte ich schauen welche Informationsquellen ich jetzt nutzen kann. Ich bin ein Fan von Utopia.de. Da gibt es zum Beispiel Kalender für saisonale Ernährung. Dann ist Instagram auch eine gute Informationsquelle. Hier gibt es zum Beispiel Melanie Aurich; die hat einen Kanal für vegane Rezepte und vieles mehr. Genauso ist es wichtig, sich allgemein zu informieren, indem man einfach im Internet auf den Seiten der Produzenten mal nachliest, in die Bioläden geht und mit den Mitarbeitern spricht oder auch direkt zum Bauernhof fährt. So kann man herausfinden, wo die Menschen sind, die wirklich gute Projekte haben.

saisonkalender-februar-utopia-pbc-200107Saisonkalender Februar von Utopia.de

Thomas: User, die bei 21Done die Entwicklungsreise der Nachhaltigkeit erleben, haben sich schon entschieden, mehr auf Nachhaltigkeit zu achten. Ich selbst nehme auch schon einiges aus diesem Gespräch mit. Kannst du nochmal drei Kernpunkte zusammenfassen, die Dir wichtig sind und die wir mitnehmen sollen?

Niv: Also, eins wiederhole ich nochmal. Schaue mit Zuversicht auf die Dinge, schaue was für dich funktioniert, lass den Kopf nicht hängen und gehe Schritt für Schritt. Denn ich merke, dass wir nur durch diese Zuversicht und Positivität Menschen animieren können. Dann ist es wichtig, dass wir den Weg Schritt für Schritt gehen. Wir alle kennen die guten Neujahresvorsätze. Das versucht man ein paar Tage und dann ist alles wieder gleich. Deswegen empfehle ich, nicht so radikal anzufangen, sondern langsam zu gucken wo ich mal was verändern oder austauschen kann, zum Beispiel mal zu schauen, wie ich Milchprodukte durch Alternativen ersetzten kann oder mal anzufangen, mich mit den Inhalten der Produkte, die ich esse, zu befassen, um sich zu fragen: „Was ist da eigentlich drin?“. Dann kommen von ganz alleine die Frage auf „Muss ich denn eigentlich einen Schokoriegel essen, der Palmöl und Milchprodukte enthält während er nicht fair gehandelt ist?“. Dann kann man recherchieren, was es für Alternativen gibt. Hierfür kann beispielweise ein Biosupermarkt besucht oder auf ein Demeter-Siegel geachtet werden. Das ist mein Tipp, durch den dann eine konkrete Veränderung entsteht.  

Thomas: Ich glaube, was Du sagst ist sehr richtig. Ich sehe aber zwei Probleme. Zum einen „Wo finde ich die Informationen?“ und zum anderen „Wie motiviere ich mich, immer diese Informationen herauszufinden?“. Diese Fragen hindern glaube ich Menschen daran, sich an diese Dinge zu halten. Hast Du an dieser Stelle noch Tipps?

Niv: Für die Motivation sind zwei Dinge sehr wichtig. Zum einen hilft es, sich möglichst klare Ziele zu setzen und zum anderen ist es sehr hilfreich, sich in einer Gruppe gegenseitig zu motivieren. So kann man mit anderen Menschen online oder offline in den Austausch gehen und sich über seine Vorhaben oder Fortschritte austauschen. Das können gerne Freunde sein, mit denen man mal eine vegane Woche organisiert. Dadurch werden wir häufig motiviert.

Thomas: Zum Abschluss dieses Interviews möchte ich noch einmal auf das Thema der Moral zu sprechen kommen. Die Moral schwingt in der Diskussion um die Nachhaltigkeit immer mit. Vermutlich durchaus zu Recht, denn es hat ja auch etwas mit Generationsgerechtigkeit zu tun. Wenn ich also nicht nachhaltig handele, dann verhalte ich mich möglicherweise rücksichtslos gegenüber der zukünftigen Generation. Wie ist Deine Meinung? Wie viel Moral muss oder sollte bei diesem Thema mitschwingen?

Niv: Moral ist immer eine Orientierung dafür wie ich mich verhalte. Also ist es grundsätzlich nichts Schlechtes. Die Frage ist aber: wie geht man an die Sache ran und wie beurteilt oder verurteilt man andere oder sich selbst? Gleichzeitig: wie sehr schaut man auf die Potentiale? Meiner Meinung nach sollte man immer darauf schauen, was für einen selbst möglich ist. Darauf was man jetzt gerade tun kann, sich aber gleichzeitig selbst auch bewusst machen, welche Dinge schon gut funktionieren. Man sollte sich seiner Verantwortung bewusst sein, sich jedoch nicht schuldig fühlen. Das ist immer ein schmaler Grat, jedoch sollte man sich der Verantwortung wirklich bewusst ein. Gerade wir, die in den Industrieländern leben, verbrauchen viel zu viele Ressourcen. Und das geht zum einen auf die Kosten der folgenden Generation aber auch auf die Kosten der jetzigen Generationen der Menschen, die nicht in den Industrieländern leben. Dessen muss sich jeder bewusst sein und dann tun, was in der eigenen Macht steht. Weiterhin ist hier der Austausch mit anderen Menschen sehr wichtig, denn dadurch kann man motivieren und aufklären. Wenn das viele Menschen machen, haben wir jetzt die Chance, unsere Kultur zu verändern und diese zu einer nachhaltigen zu machen. Das passiert nicht sofort, aber Schritt für Schritt können wir das schaffen.

Thomas: Schritt für Schritt ist das Stichwort. Denn 21done kann der erste Schritt sein, um das eigene Leben nachhaltiger zu gestalten. Dort kann man seine eigene Entwicklungsreise mit verschiedenen Informationen und Aktivitäten gestalten, um der Nachhaltigkeit etwas näher zu kommen.

Lieber Niv, ich danke Dir für das tolle Gespräch. Es ist immer sehr spannend, sich mit Dir auszutauschen und ich freue mich auf das nächste Gespräch mit Dir.

Posted by Thomas Suwelack

Gründer von 21done

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