Entschleunigen und sich umsehen - ethische Reisetipps

"Die Illusion der Geschwindigkeit ist der Glaube, dass sie Zeit spart. Auf den ersten Blick sieht es einfach aus: etwas in zwei statt in drei Stunden erledigen, eine Stunde gewinnen. Es ist jedoch eine abstrakte Berechnung, die so durchgeführt wird, als wäre jede Stunde des Tages wie eine Stunde auf der Uhr, absolut gleich. Aber Eile und Geschwindigkeit beschleunigen die Zeit, die schneller vergeht, und zwei Stunden Eile verkürzen einen Tag. Jede Minute wird zerrissen, indem man sie zerteilt, bis zum Bersten vollstopft. (Eine Philosophie des Gehens, Frederic Gros)

Das erste Mal, dass ich als Erwachsener in Begleitung einiger enger Freunde reiste, war mit dem Zug quer durch das Herz von Europa. Die Kombination aus zehn Städten, neun Zügen, unzähligen Bieren und einer Nachtfähre innerhalb von vierundzwanzig Tagen war selbst für einen Jugendlichen, der noch nicht von den Pflichten des Erwachsenseins belastet war, eine anstrengende Tortur.

Leben auf der Überholspur

Obwohl wir die wichtigsten Sehenswürdigkeiten besuchten und die Oberfläche jeder Stadt ankratzten, kehrte ich mit einer sehr oberflächlichen Vorstellung davon nach Hause zurück, wo ich gewesen war und was ich gesehen hatte. Wenn man die Strecke zwischen Sehenswürdigkeit, Herberge und Bahnhof im Schnelldurchlauf zurücklegt, hat man kaum Gelegenheit, Einheimische zu treffen oder eine landestypische Mahlzeit zu sich zu nehmen, geschweige denn die Seele einer Stadt zu erleben.

Auf der anderen Seite steht diese Art von hektischer Europa-in-einer-Woche-Reise im Gegensatz zum typischen Pauschalurlaub; eine Woche tatenloser Lethargie, die man am Pool eines All-inclusive-Hotels verbringt, dessen Vorstellung mich schon immer zutiefst gelangweilt hat und die ich daher strikt vermieden habe.

Während die meisten meiner folgenden Reisen irgendwo in der Mitte zwischen diesen beiden Extremen lagen, kehrte ich oft mit einem Gefühl der Unzufriedenheit, der Erschöpfung oder beidem nach Hause zurück. Das ist definitiv nicht das, was ich im Sinn habe, wenn ich in ein neues Abenteuer aufbreche. Es hat leider eine ganze Weile gedauert, bis mir klar wurde, dass die Art und Weise wie ich zu reisen gewohnt war einfach grundlegend falsch für mich war. Ich brauchte nicht nur eine Veränderung des Tempos, sondern auch des Zwecks meiner Reisen.

Die Entdeckung des langsamen Reisens

Später lernte ich den Begriff "Slow Travel" kennen. Langsames Reisen ist eine moderne Bewegung oder Geisteshaltung, die aus der Slow-Food-Bewegung hervorgegangen ist und bei der der Weg als wertvoller angesehen wird als das Ziel und der traditionelle Tourismus abgelehnt wird.

Die Befürworter des langsamen Reisens meiden das Flugzeug und nutzen stattdessen Züge, Schiffe, Fahrräder, Esel oder ihre eigenen Füße. Aber es geht nicht nur um Geschwindigkeit. Die Grundprinzipien ähneln denen der Achtsamkeit oder der Kunst, im Augenblick zu leben. Mit anderen Worten: Ohne Vorfreude auf ein zukünftiges Ziel wird die Wertschätzung des flüchtigen Augenblicks und des Hier und Jetzt möglich. Ohne Pläne, Vorbehalte oder Einschränkungen, die die Richtung einer Reise bestimmen, werden Neugier und Umstände oft den Weg weisen.

Anstatt sich an leicht zugänglichen Attraktionen zu erfreuen, kann man sich auf den längeren, beschwerlicheren Weg zu etwas erstaunlich Authentischem machen. Anstatt ein in Massenproduktion hergestelltes T-Shirt oder Schmuckstück zu kaufen, ist es möglich, am Entstehungsprozess teilzunehmen und die Möglichkeit zu haben, etwas zu erhalten und gleichzeitig etwas zurückzugeben. Anstatt eine Woche damit zu verbringen, eine vertraute Realität zu vergessen, besteht die Möglichkeit, einen Monat lang in die Realität eines anderen einzutauchen.

Die traurige Wahrheit ist, dass der kommerzialisierte Pauschaltourismus sowohl für die Umwelt als auch für die lokalen Gemeinschaften schädlich ist. Ein bewussteres und weniger schnelles Vorgehen kann sich positiv auf den Planeten und seine Bewohner, einschließlich der Reisenden, auswirken.

Schnelle Tipps für langsames Reisen

1. Sei offen für Abenteuer
Versuche, nicht jeden Schritt der Reise im Voraus zu buchen und zu planen, besonders bei längeren Reisen. Der magischste Teil des Reisens ist es, ins Unbekannte einzutauchen und etwas wunderbar Ungewohntes zu erleben. Wenn jedoch jeder Tag geplant und jedes Erlebnis in ein Zeitfenster eingeteilt ist, kann dies wenig Raum für Abenteuer lassen. Und ohne die Einschränkung durch bevorstehende Rückflüge oder im Voraus bezahlte Unterkünfte wartet eine Welt voller unerwarteter Möglichkeiten auf Sie.

Wenn du jedoch ein echter Planungsfanatiker bist, aber trotzdem eine wirklich ethische und bereichernde Erfahrung machen möchtest, kannst du immer eine Reise bei einem kleinen nachhaltigen Reiseveranstalter buchen, der sich nachweislich für die Förderung eines lokalen, nachhaltigen und spannenden Tourismus einsetzt. Solche Anbieter fördern nicht nur einen echten kulturellen Austausch, der den Gemeinschaften zugute kommt, sondern können dir auch folgende Slow-Travel-Angebote unterbreiten.

2. Verbindung mit der Umgebung und ihren Bewohnern
Wenn du mehr Zeit an einem Ort verbringst, wirst du dich besser auf die Atmosphäre und die täglichen Abläufe eines Ortes einstellen können. Anstatt sich gezwungen zu fühlen, alles nur kurz zu sehen, wirst du verstehen was unter der Oberfläche liegt.

Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass du dich mit den Menschen vor Ort anfreundest. Wenn du schon einmal jemandem deine Heimatstadt gezeigt hast wirst du zustimmen, dass es einen deutlichen Unterschied zwischen der Perspektive eines Einheimischen und einem Reiseführer gibt. Durch den Kontakt mit Einheimischen wird die Erfahrung authentischer und persönlicher, und du kannst dich schließlich revanchieren, indem du Leute einlädst, dein eigenes Land zu besuchen.

3. Nimm die landschaftlich reizvolle Route
Fliegen ist zwar in der Regel die schnellste, aber nicht immer die aufregendste Art der Fortbewegung. Entspann dich also und genieße jeden Schritt der Reise. Wenn du mit dem Zug, dem Bus oder einer Fahrgemeinschaft reist, kannst du die wunderschöne Landschaft eines Landes genießen und gleichzeitig interessante Gespräche mit einheimischen Reisenden führen. Der Landweg ist nicht nur interessanter, sondern hat in der Regel auch den Vorteil, dass er die Umwelt weniger belastet und weniger kostet.

4. Freiwilligenarbeit oder Arbeitsaustausch
Menschen zu helfen kann nicht nur eine befriedigende Erfahrung sein, sondern auch Türen öffnen, die Besuchern sonst verschlossen geblieben wären. Es gibt zahlreiche, weltweit tätige Freiwilligenorganisationen, die eine Vielzahl von Programmen anbieten.

In ähnlicher Weise bietet die Arbeit im Austausch für Unterkunft und Verpflegung während der Reise die Möglichkeit, das Budget des Reisenden zu erweitern und gleichzeitig einen einzigartigen Einblick in das Leben der Einheimischen zu erhalten und deren Unternehmen zu fördern.

Websites wie Workaway und Hippohelp sind großartige Hilfsmittel, um mit lokalen Bauernhöfen / Unternehmen / Organisationen in Kontakt zu treten, die eine helfende Hand brauchen. Eine Alternative, die weniger Engagement erfordert, ist das Mitbringen von Hilfsgütern, an denen es den lokalen Gemeinschaften mangelt. Die Organisation Pack for a Purpose ist hilfreich bei der Auswahl von Vorräten und Reisezielen.

Du möchtest noch mehr über Nachhaltigkeit erfahren? Dann lad dir unsere App hier runter und starte deine 21-Tage Reise noch heute!